Ads sind nicht WhatsApps Untergang
Genauso wenig wie für den Rest des Internets.

John Davisson, Director of Litigation des Electronic Privacy Information Center (EPIC), in einem Statement zu The Verge:
„This is another betrayal of the privacy protections that once distinguished WhatsApp and attracted many of its users to the platform. Meta has taken a service that promised no ads and minimal data collection and warped it into one more tentacle of its surveillance advertising empire.“
Oh Boy. Zunächst einmal: Es war vollkommen klar, dass Meta irgendwann Ads in WhatsApp einführen würde. Ich bin für meinen Teil eher überrascht, dass es so lange gedauert hat. Dieser Konzern verdient 99% seines Geldes mit Werbung und braucht auf kurz oder lang immer neue Platzierungen, um diese auszusteuern, wenn die bisherigen ausgeschöpft sind. Genauso wie auch alle Akquisitionen und R&D-Kosten für AI-Modelle und AR/VR-Glasses nur einem Zweck dienen: das Werbegeschäft zukunftssicher zu machen.
Außerdem hatte jeder, dem Metas Geschäftspraktiken nicht gefallen, fast ein ganzes Jahrzehnt, um seine Kommunikation auf andere Messenger-Plattformen wie iMessage, Signal oder Threema zu verlagern. Was aber nur wenige getan haben, weil es ihnen am Ende doch nicht wichtig genug ist. Im Übrigen würde ich wetten, dass der Aufschrei noch viel größer wäre, wenn WhatsApp wieder ein Abonnement einführen würde. Viele haben es vielleicht vergessen, aber WhatsApp kostete einmal 89 Cent pro Jahr. Inflationsbereinigt und in Anbetracht des größeren Funktionsumfangs wären das heute locker 2–3 Euro. Da nehme ich lieber ein paar Ads in Kauf, die ich ohnehin bis auf Weiteres nicht sehen werde, weil sie ausschließlich im Status-Tab versteckt bleiben, den ich nie aufrufe.
Und dann wieder diese irrationale Angst, dass nun private Chats ausgelesen und dem Werbealgorithmus zugeführt werden ... End-to-End-Verschlüsselung macht das unmöglich! Im Gegenteil: Bislang sind WhatsApp-Konten nicht einmal mit Facebook oder Instagram verknüpft, wodurch diese Ads sogar weniger zielgerichtet sind als die im restlichen Meta-Universum. Eine aktuelle SSRN-Studie aus 2024 fand außerdem heraus, dass es keine signifikante Verschlechterung des Nutzungserlebnisses gab, wenn Facebook testweise die Werbelast erhöhte – Nutzer blieben, scrollten, posteten. Wie der Frosch im sich langsam erhitzenden Wasserglas.
Ich will Meta und andere Werbenetzwerke wirklich nicht in Schutz nehmen. Die haben hinreichend Dreck am Stecken, mit dem auch ich meine Probleme habe. Aber nach guten 30 Jahren Internetgeschichte könnten wir endlich mal akzeptieren, dass Werbung eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten darstellt.