Airbnb vermietet Luftschlösser
Nach dem Experiences-Flop schien das Unternehmen wieder auf dem richtigen Pfad zu sein – bis jetzt.

Jahresurlaub schon geplant? Wenn nicht, dann kommt Airbnbs jährliches Summer Release vielleicht grade recht. Dieses Mal ging es jedoch kaum um Reiseunterkünfte. Neben einem kleinen Interface-Update war die große Ankündigung gestern, dass man einen Markt erschließen möchte, der Lesern dieses Blogs bekannt vorkommen dürfte: Services. Das heißt, man kann jetzt neben dem Tiny House im Wald oder dem Großstadt-Loft auch seinen nächsten Besuch beim Friseur, Spa-Behandlungen oder Kochkurse direkt auf der Plattform buchen.
Die Vision ist nicht neu. CEO Brian Chesky hat in mehreren Interviews der letzten Jahre immer wieder betont, dass er mehr als nur „Short-Term-Housing“ anbieten möchte. Und es ist auch nicht sein erster Schritt in diese Richtung. Ich musste es gerade noch einmal nachschauen, aber Airbnbs Experiences wurden tatsächlich schon 2016 gelauncht. Wirklich durchgesetzt haben sie sich jedoch nie – auch nicht, als man versuchte, sie als Icons mit einzigartigen (und sehr kostspieligen) Locations und Prominenten neu zu positionieren.
Zudem scheint man aus den Fehlern der Vergangenheit leider nur wenig gelernt zu haben. Die neue Services-Kategorie wurde, wie Experiences damals auch, weltweit ausgerollt. Dabei befinden sich die Launch-Partner hauptsächlich an der amerikanischen West- und Ostküste und nur vereinzelt in Metropolen wie Paris, Berlin, London und Tokyo. Den meisten Nutzern wird es daher genauso ergehen wie mir: App-Update herunterladen → App öffnen → Feststellen, dass in meiner Umgebung nur drei Services verfügbar sind → App schließen. Warum startet man nicht zunächst in den USA und checkt via Geofencing, ob in der Umgebung des Nutzers überhaupt genügend Services verfügbar sind? So werden Millionen inaktiver Airbnb-Nutzer durch Cheskys PR-Tour angelockt und anschließend nur daran erinnert, warum sie die App so lange nicht mehr geöffnet haben.
Wie kann es sein, dass eines der innovativsten App-Startups der 2010er Jahre heute noch so grundlegende Fehler macht? Brian Chesky wird von vielen, allen voran Sam Altman, immer wieder als verkanntes Genie und einem der wichtigsten Gründer unserer Zeit gesehen, der eigentlich auf einer Stufe mit Steve Jobs stehen müsste. Und ich verstehe, wie man zu dieser Einschätzung kommen kann, denn er ist unbestritten ein sehr kluger und charismatischer Typ. Doch mit jedem weiteren Release schwindet mein Glaube an die Zukunft von Airbnb etwas mehr. Chesky tanzt auf zu vielen Hochzeiten, statt sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren. Dort läuft nämlich längst nicht alles rund: Regulatorische Hürden, Konflikte zwischen Gästen und Hosts sowie makroökonomische Gegenwinde wie Inflation und Zölle sind nur einige der Herausforderungen.
Vielleicht ist „Founder Mode“ doch nicht immer ein Garant für Erfolg, sondern nur ein Zeichen für lähmendes Mikromanagement. Steven Levy, WIREDs Chefredakteur, hat das kürzlich hautnah erlebt:
Chesky, meanwhile, has been deep in the details, especially on this reinvention, itself kind of a classic founder move. “I did review work before the pandemic, but people kind of hated it. There were negative associations to a CEO reviewing everything; it’s considered micromanaging.” Also, his idol Steve Jobs was famous—infamous?—for his unsparing criticism. Chesky contends that once he went all-in on dishing out criticism, with no sheepishness, people seemed happier. But even if they weren’t, he’d do it anyway. Curious to see how this worked, I arranged to attend a Chesky review.
Gathered in a conference room, the design and engineering teams presented near-final app tweaks affecting how hosts set up their services. Chesky seemed fairly pleased with what he was seeing—so much so that he apologized to me afterward that I didn’t get to see him go animal with his underlings. Nonetheless, even during this lovefest of a product review, Chesky babbled a constant stream of minor corrections. The cursor is oddly centered … Those visual cues are a little confusing … We need a subtle drop shadow here … The next line doesn’t seem centered vertically … That address input is pretty awkward … That button looks oddly short, is it supposed to be that short? … That shimmer, do we think we need it? Get rid of it … That top module doesn’t make sense … We need to rewrite all the copy on this page … I think we need a better empty state … That title’s not clear …