YouTubes Affiliate-Strategie

Affiliate-Links feiern durch CTV ein Revival. Jetzt könnte AI sie zu einem noch größeren Umsatztreiber machen.

YouTubes Affiliate-Strategie

In einem Stratechery-Interview im Mai dieses Jahres gab Sam Altman folgende Antwort auf die Frage, ob wir bald Werbung in ChatGPT sehen werden:

The kind of thing I’d be much more excited to try than traditional ads is a lot of people use Deep Research for e-commerce, for example, and is there a way that we could come up with some sort of new model, which is we’re never going to take money to change placement or whatever, but if you buy something through Deep Research that you found, we’re going to charge like a 2% affiliate fee or something. That would be cool, I’d have no problem with that. And maybe there’s a tasteful way we can do ads, but I don’t know. I kind of just don’t like ads that much.

Ich nannte diese Abneigung gegen Ads einen Fehler und stehe dazu. Und während kostenlose ChatGPT-Nutzer auch weiterhin keine Werbung ausgespielt bekommen oder anderweitig monetarisiert werden, lässt OpenAIs Umsatzprognose von 125 Milliarden Dollar bis 2029 erahnen, dass Werbung in dieser Planung eine Rolle spielt. Nur mit Affiliate-Links lässt sich dieses Ziel kaum erreichen. Dafür spricht auch das Profil von OpenAIs neuer CEO of Applications, Fidji Simo, die im August ihre Arbeit aufgenommen hat und einen werbelastigen Lebenslauf bei Meta (bzw. Facebook) und Instacart mitbringt. Außerdem gibt es immer mehr Werbetreibende, die beinahe sehnsüchtig auf die Möglichkeit warten, ihre Produkte bei der sehr jungen ChatGPT-Zielgruppe zu platzieren.

Jedoch muss ich meine abschätzige Meinung bezüglich Affiliate-Links etwas revidieren. Ich hatte unterschätzt, wie AI dieses Geschäftsmodell aus den ganz frühen Internettagen transformieren könnte. Klar wurde mir das erst letzte Woche im Zusammenhang mit einer Plattform, die trotz ihrer Größe in Analysen gerne übersehen wird: YouTube. Aus der Pressemitteilung zum Made on YouTube-Event:

We’re adding updates to brand deals and Shopping to make brand collaborations easier than ever. We’re accelerating these deals through a new initiative and new product features to make sure those partnerships succeed – like the ability to add a link to a brand’s site in Shorts. And YouTube Shopping is expanding to more markets and merchants and getting help from AI to make tagging easier.

Was hier wie eine Randnotiz klingt, könnte ein Game Changer sein. Ben Thompson ist sich dessen ziemlich sicher:

I can’t overstate what a massive opportunity this is: every item in every YouTube video is well on its way to being a monetizable surface. Yes, that may sound dystopian when I put it so baldly, but if you think about it you can see the benefits; I’ve been watching a lot of home improvement videos lately, and it sure would be useful to be able to not just identify but helpfully have a link to buy a lot of the equipment I see, much of which is basically in the background because it’s not the point of the video. It won’t be long until YouTube has that inventory, which it could surface with an affiliate fee link, or make biddable for companies who want to reach primed customers.

Ich kann seinen Enthusiasmus gut nachvollziehen, sehe allerdings eine Herausforderung. Und zwar den zunehmenden Konsum von YouTube-Inhalten auf dem Fernseher. YouTube ist stolz darauf, dass seine Inhalte mittlerweile primär auf dem großen Bildschirm geschaut werden, nachdem mobile Endgeräte jahrelang die Nase vorn hatten, und sieht das Wohnzimmer als Mittelpunkt seiner strategischen Planung. Aber genau dort ist der Affiliate-Prozess technisch am schwierigsten umzusetzen, da zwangsläufig ein Medienbruch zwischen TV und Smartphone bzw. Tablet entsteht. YouTube hat zwar seit einigen Monaten Features im Einsatz, die den User Flow vereinfachen sollen – wie den interaktiven Produkt-Feed neben Werbeeinblendungen und verschiedene QR-Code-Overlays – aber das sind trotzdem erhebliche Hürden im Vergleich zum Googeln auf dem Smartphone, was so tief in unserer Muscle Memory verankert ist. So gesehen hätte ChatGPT hier einen Vorteil, weil es nahtlos von seinem Chat-Interface in einen Browser linken kann, wo der Nutzer (oder der AI-Agent) dann den gewohnten Checkout-Prozess durchläuft.

Am Ende ist es vermutlich keine Frage von entweder oder, sondern sowohl als auch. Werbung und Affiliate-Links sind neben Subscriptions beide die naheliegendsten Geschäftsmodelle für AI – egal ob mit Text oder Video.